Vor dem Verschwinden - Ein Bericht aus dem niederrheinischen Braunkohlerevier, Text: Sabine Riedel, Fotos: Jordis Antonia Schlösser, »Neue Zürcher Zeitung« 213/2002, Sonntags kommen die Fremden und bestaunen das Nichts. Sie kommen aus den Städten, wo die Sonntage noch unerträglicher sind als die Werktage, sie kommen aus Mönchengladbach, aus Aachen, sie kommen von jenseits der nahen Grenze, aus Holland, kommen im Familienwagen, in klimatisierten Bussen. Sie laufen über den rissigen Lehmboden, vorbei an Pumpstationen, die Lärmfanfare der nahen Autobahn wischt über das Land. Dann stehen sie, mit blassen Stadtbeinen, zwischen Kamille und Kletten, am Rande des Nichts. Hier am Niederrhein kommt die Landschaft ohne Extravaganzen aus, ist flach wie ein ausgerollter Hefeteig. Die einzige Erhebung weit und breit - eine Abraumhalde; sie liegt zwischen Kartoffel- und Rübenfeldern wie ein wütender Meteorit. In einem gigantischen Loch, etwa zwanzig Quadratkilometer lang und breit, arbeitet in einer Tiefe von zweihundert Metern Tag und Nacht ein Schaufelradbagger, von dem es heißt, er sei der größte der Welt.

Vor dem Verschwinden – Ein Bericht aus dem niederrheinischen Braunkohlerevier

Text: Sabine Riedel, Fotos: Jordis Antonia Schlösser, Neue Zürcher Zeitung 213/2002

Sonntags kommen die Fremden und bestaunen das Nichts. Sie kommen aus den Städten, wo die Sonntage noch unerträglicher sind als die Werktage, sie kommen aus Mönchengladbach, aus Aachen, sie kommen von jenseits der nahen Grenze, aus Holland, kommen im Familienwagen, in klimatisierten Bussen. Sie laufen über den rissigen Lehmboden, vorbei an Pumpstationen, die Lärmfanfare der nahen Autobahn wischt über das Land. Dann stehen sie, mit blassen Stadtbeinen, zwischen Kamille und Kletten, am Rande des Nichts. Hier am Niederrhein kommt die Landschaft ohne Extravaganzen aus, ist flach wie ein ausgerollter Hefeteig. Die einzige Erhebung weit und breit eine Abraumhalde; sie liegt zwischen Kartoffel- und Rübenfeldern wie ein wütender Meteorit. In einem gigantischen Loch, etwa zwanzig Quadratkilometer lang und breit, arbeitet in einer Tiefe von zweihundert Metern Tag und Nacht ein Schaufelradbagger, von dem es heißt, er sei der größte der Welt.

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